Freitag, 29. April 2016

Auf der M32 durch Kasachstan - ein Abenteuer der besonderen Art




 
 

 
Eigentlich muss ich ab Samara nur noch auf einer Straße fahren, um zu meinem Zielpunkt Shymkent zu gelangen. Und zwar auf der Straße M  32. Nur noch rund 2.300 Kilometer.
 

 M 32    Straßenbeschreibung

Der M32 überquert in Höhe Shhuchkino, nordwestlich von Oral, die Grenze nach Russland. Auf der russischen Seite wird die Straße nach Samara fortgesetzt. In Kasachstan führt der M32 durch landwirtschaftliche Steppe und erreicht die Stadt Oral, wo der gleichnamige Fluss überquert wird, der die Grenze zwischen Europa und Asien bildet. Die Straße führt dann Richtung Südosten über die desolate und fast unbewohnte Steppe, dann biegt die Straße nach Osten ab und erreicht nach ca. 450 Kilometern Aqtöbe, eine Stadt mit rund 270.000 Einwohnern, durch deren Innenstadt sie weiterführt. Die Führung durch abgelegene Landschaften befindet sich in einem schlechten Zustand.
Zwischen Aqtöbe und Chromtau ist die Straße teilweise mit 2×2 Fahrspuren ausgebaut, obwohl die Verkehrsdichte dies nicht verlangt. Die M32 verläuft anschließend parallel zur russischen Grenze. Bei Qarabutaq biegt die M32 in Richtung Südosten ab und verläuft in das Landesinnere von Kasachstan. Die Entfernungen im Straßenverlauf sind enorm, beispielsweise beträgt die Länge zwischen Qarabutaq und Baikonur mehr als 600 km, die Zahl der Einrichtungen wie beispielsweise Raststation entlang dieser trostlosen Wüste sind sehr begrenzt. Der M32 verläuft nördlich des Aralsees und führt entlang der Nordseite der Stadt Novokazalinsk, danach wieder weiter nach Osten durch die Wüste. Hier ist die Straße von mäßiger Qualität, weder asphaltiert noch mit Fahrbahnmarkierungen oder Leitplanken ausgestattet. Der Straßenverlauf führt durch die Region Baikonur parallel zum Fluss Syrdarya.
Die M32 führt 25 km südlich vom Weltraumbahnhof Baikonur vorbei, südlich der Route liegt am Fluss Syrdarja die Stadt Baikonur. Nach 80 km erreicht man die Stadt Dzhusaly, dort wird der Syrdarya überquert. Nach der Wildnis, durch die die Straße bislang führt, kommen nun Landschaften, die für die Landwirtschaft bewässert werden, damit wird die Landschaft grüner, es befinden sich auch mehr Dörfer in dieser Region. Nach 150 km erreicht die Route Qysylorda, einer Stadt mit 150.000 Einwohnern, die am Fluss Syrdarya gelegen ist. Die Straße führt als Umgehung südlich um die Stadt. Hier überquert man den Fluss erneut, und kreuzt dort die A17, in Form eines Kleeblatts. Die M32 führt weiter durch die Steppe nach Südosten. Vorbei an Shieli ist die Landschaft wieder etwas grüner auf Grund der vorherrschenden Landwirtschaft. Der letzte Teil der Route liegt bei Schymkent, die nach als 2000 Kilometer erreicht wird. Shymkent ist eine Stadt mit mehr als 650.000 Einwohner und eine der größten Städte Kasachstans. Die M32 endet an einer Kreuzung mit der M39, der Straße von Almaty nach Taschkent.

Geschichte

Die M32 war ursprünglich Teil der sowjetischen M32, die von Samara nach Shymkent lief. Die Straße war in der Tat von strategischer Bedeutung für die Sowjetunion, wurde jedoch nie modernisiert. Sie besteht hauptsächlich aus Platten aus Asphalt mäßiger Qualität, hat jedoch keine Fahrbahnmarkierungen, Leitpfosten und Beleuchtung, dies macht es für Nachtfahrten gefährlich. Die Straße hat große Bedeutung für die Erschließung des Weltraumbahnhofs Baikonur, da dies die einzige Fernstraße in die Gegend ist.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 liegt der größte Teil der ursprünglichen M32 in Kasachstan, über 2000 Kilometer der ursprünglichen knapp 2300 Kilometer langen sowjetischen Route. Seitdem wurde die Straße nur noch gewartet und nicht weiter modernisiert. Dennoch ist der Weg von wesentlicher Bedeutung für die Langstreckenverkehr
 
 
 
Das Befahren der M32 muss gut also geplant sein.
 
 
22 - 26 Tagesetappen sind vorgesehen. 2.300 Km entsprechen einer Entfernung von Flensburg bis Rom.
 
Benötigt werden  auf manchen Streckenabschnitten Wasser und Lebensmittel für 4 - 5 Tage.
 
Da wir vom 53 Breitengrad hinunter auf den 42. Breitengrad radeln
( Höhe Rom - Neapel ),  ist Sonnenschutz angesagt. Kein Schatten unterwegs. In Shymkent sind jetzt schon dreißig Grad möglich.
 
Außer in Uralsk und Aktöbe keine Hotels. Das Hotel in Aralsk muss nach Internet-Bewertungen eine Katastrophe sein. Ein zweites gibt es jedoch nicht.
 
WLAN ?  Keine Ahnung.   Das wird spannend.

Gebucht haben wir lediglich ein Hotel in der Stadt Uralsk. Uralsk ist die erste Stadt nach der Grenze und liegt nur 65 Km davon entfernt.
Sollte dort das WLAN funktionieren, werde ich am Abend des 4. Mai einen neuen Post im Blog veröffentlichen.
 
 
Aber ich denke, mit einer guten Vorbereitung werden wir diese Herausforderung meistern.
 
Am 31. Mai sitze ich wieder im Flieger nach Hause und beende damit meine zweite Etappe auf dem Weg nach China.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

SAMARA - auf dem Sprung nach Kasachstan

Fr. 29.04.2016     67. Tourtag ab Brest / Bretagne

GPS:  53.1832     50.0815   Hotel in Samara

gefahrene Kilometer:  78       HM: 430 m

Kilometer ab Brest:   5.727 Km     ab Berlin:  3.486 Km


Mit dem Erreichen der sechstgrößten russischen Stadt Samara ( 1,2 Mill. Einwohner ) haben wir Russland fast schon hinter uns.
 
Nur noch etwa 200 Km trennen uns nun noch von der kasachischen Grenze.
 
 
Am Mittwoch (27.04.) verlassen wir Ulyanovsk und wechseln auf die Ostseite der Wolga.  Damit gelangen wir auch in die nächste Zeitzone. Jetzt sind wir der MEZ zwei Stunden voraus. (eigentlich müssten es drei sein, aber Russland stellt nicht auf Sommerzeit um.
Wir haben inzwischen 15,5 Stunden Helligkeit. Gegen 5:30 Uhr wird es hell  und erst um 21:00 Uhr ist es dunkel. 
 
Inzwischen radle ich tags bei Temperaturen zwischen 15 und 18 Grad mit kurzen Hosen und.... ( Beweisfoto für meine Frau )
 
 
Landwirtschaftliche Anbauflächen auf Schwarzerdeböden so weit das Auge reicht.

Mi. 27.4.   GPS: 54.2564     49.2725  Übernachtung auf Wiese am Waldrand.
 
gefahrene Km:   83           HM:   250 m  


Ob Sören nach der Mittagspause nochmals in die Pedale kommt ?





Man könnte meinen, die Zeit sei stehengeblieben

Am Donnerstag haben wir erneut böigen Ostwind - laut Wetterbericht bis zu 50 Km/h.  Dieser macht uns zeitweise als Seitenwind und streckenweise von vorne heftig zu schaffen.

Do. 28.04.   GPS: 53.7400     50.0372   windgeschützt zwischen Bäumen

gefahrene Km:  102           HM:  340 m


Samara ist eine Millionenstadt mit großer Ausdehnung. Schon 20 Km vor der Stadt quälen wir uns durch dichten Verkehr. Stop and go  ist angesagt. Ich fahre mit über Mund und Nase gezogenem Schlauchtuch, um nicht so viele Abgase und Staub einatmen zu müssen.


Fotostopp vor dem Ortsschild "CAMAPA"  =  SAMARA

Die Stadt macht einen auf dem ersten Blick nicht an. Hässliche Hochhaussilos links und recht der Hauptstraße. Dazwischen wir im Verkehrschaos.

Nun heißt es, unseren "Zeitpuffer" abzuarbeiten. Da wir erst am vierten Mai in Kasachstan einreisen dürfen, werden wir hier in Samara drei Nächte verbringen. Wie haben zentral in ruhiger Lage - nahe am Wolgaufer - ein nettes Hotel.
 
 
 
Das Doppelzimmer ist sauber.  Zwei Betten, ein Schrank, zwei Stühle, Blick auf die Wolga und WLAN für 7 Euro / Pers. die Nacht.
 
 
 
 
 
Unser Hotel in Samara

 
 
Wir wohnen in einem südlich vom Zentrum gelegenen Stadtteil rund 200 Meter entfernt von der Wolga
 
 
 
 Ob die Fische auch bei Hochwasser der Wolga beißen werden ?

 
Samara ist berühmt für seine schier endlose Promenade entlang der Wolga

Dienstag, 26. April 2016

Wenn da nur nicht Neid aufkommt

Di. 26.04.2016            64. Tourtag ab Brest / Bretagne

Ruhetag in Ulyanovsk / Wolga


Während sich der Frühling in Deutschland rar gemacht hat, gehe ich im T-Shirt bei mehr als 20 Grad in der südlichen Vorstadt von Ulyanovsk spazieren.
 
 

Durch den grünenden Stadtpark laufen wir hinüber zum Ufer der Wolga, die in diesem Bereich aufgestaut ist und eher als großer Binnensee erscheint.

Gestern sind wir ja mit den Rädern quer durch die 650.000 Einwohner zählende Stadt geradelt. Hässliche Plattenbauten und holprige Straßen werden in bleibender Erinnerung bleiben.


Würde mir diese Stadtwohnungen gerne mal von innen ansehen
 
Öffentliches Verkehrsmittel Straßenbahn
 
 
 
Sehr beliebt - Kastenwagen mit hoher Bodenfreiheit

So - morgen wird gepackt und dann radeln wir gemütlich in drei Tagesetappen hinunter nach Samara, der letzten russischen Stadt vor der kasachischen Grenze.
In Samara beginnt die Straße M32, auf der wir im Mai ca. 2.200 Kilometer quer durch die Wüsten- und Steppenlandschaft Kasachstans bis nach Shymkent an der usbekischen Grenze radeln werden.

Diese enorme Distanz ( vergleichbar: Flensburg - Rom ) führt durch teilweise menschenleere Regionen. Bin gespannt auf das, was uns dort erwarten wird.

Montag, 25. April 2016

Härtetest

Mo. 25.04.2016              63. Tourtag ab Brest/Bretagne

Standort:  54.2757   48.3360              Hotel in Ulyanovsk an der Wolga

gefahrene Kilometer:  114 Km     HM:  450 m

Kilometer ab Brest:  5.464 Km       ab Berlin: 3.223 Km




Die letzte Nacht verbringen wir irgendwo oberhalb der Landstraße  nicht einsehbar auf eine ebenen Wiese.

So. 24.04.     62. Tourtag
GPS: 54.4441         46.7839
gefahrene Km:  105        HM: 720 m !


Bisher hatten wir während dem Fahren meist günstige Windverhältnisse.  Doch als am Morgen um sechs der Wecker läutet, merke ich, dass der Wind gedreht hat und aus Osten bläst.
Und genau dort wollen wir hin.

( Russland hat die Sommerzeit nicht eingeführt. Derzeit wird es hier schon morgens um vier Uhr allmählich hell. Die Sonne geht um fünf auf. Erst in Samara fahren wir in die nächste Zeitzone hinein. )

Als wir um 7:15 Uhr starten, wissen wir, dass uns ein hartes Stück Arbeit bevorsteht.  Wir haben den Eindruck, als hätte jemand ein starkes Gebläse angestellt, das und permanent ins Gesicht bläst.

Der Wind peitscht den Sand über die Straße. Vor uns liegen heute mehr als 100 Km. Kürzlich wog ich mein Gepäck: 35 Kg plus 16 Kg Rad müssen nun gegen die Ostwinde in Bewegung gesetzt werden.

Deshalb wechseln wir uns ganztägig alle fünf Kilometer mit der Führungsarbeit ab und nach jeweils 20 Kilometer erfolgt eine Pause. Teamarbeit ist heute gefragt, damit wir abends unser gebuchtes Hotel in der Stadt Ulyanovsk erreichen.

Für den, der gerade die Führungsarbeit leistet, werden die fünf Kilometer zur Ewigkeit. Für den anderen, der im Windschatten mitfährt, verfliegt die Zeit bis zum Wechsel im Flug.  Hinzu kommt eine gut zehn Kilometer lange Baustelle, auf der wir zeitweise auf eine Schotterpiste ausweichen müssen.

Die Belohnung erfolgt am Abend im Hotel Kleopatra.

Wir haben eine kleine Wohnung mit zwei Zimmern und ein tolles Bad. Alles vom feinsten uns sehr sauber.
Dieses Hotel können wir mit gutem Gewissen empfehlen.

                                                    Dusche incl. Musik        




Morgen gibt es einen mehr als verdienten Ruhetag. Dann fahren wir in drei Etappen nach Samara, der letzten großen Stadt vor der kasachischen Grenze. Auch dort werden wir drei Nächte verbringen, weil wir unseren für Russland eingeplanten Zeitpuffer bislang nicht benötigt haben.

Wir hatten noch keine Panne. Auch waren wir noch nicht krank. Keine Knieprobleme, keine Erkältung.

Eigentlich wundert es mich schon etwas, dass ich trotz meiner Waldenström-Erkrankung absolut fit bin.
Vor allem, wenn man bedenkt, dass wir Nachttemperaturen bis minus sechs Grad hatten, die Temperaturen innerhalb von 24 Std. bis zu 20 Grad schwankten, wir häufig bei Minustemperaturen unsere Tagesetappen starteten und doch einige Male bei nasskaltem Wetter unterwegs gewesen sind.


Der Wille zählt


Nachdem ich viele Jahre meine nicht heilbare Leukämie- bzw. Lymphomerkrankung verdrängt hatte und nur mit Glück die Intensivstation überstand,  freue ich mich über jeden Tag, den ich mit einem guten Maß an Lebensqualität erleben darf.

 
 
Um immer wieder aufzustehen, brauchst du einen unbändigen Willen. Du musst dir tagtäglich Ziele setzen - zunächst die kleinen.
Sei es auch nur der Spaziergang  im Park der Klinik, den du immer weiter ausdehnst. Irgendwann ignorierst du den Fahrstuhl und quälst dich zu Fuß die vier Stockwerke hoch in dein Zimmer. Und wenn du schließlich oben erschöpft ankommt, bist du doch stolz, es geschafft zu haben.
 
All diese Erfahrungen habe auch ich gemacht und weiß nun, dass ich stark genug bin, gegen Waldenström anzukämpfen.
 
Schon lange verlasse ich mich nicht nur auf die Blutwerte, die in der Klinik ermittelt werden, sondern möchte durch die Extremradtouren in aller Welt selbst ein Gefühl dafür bekommen, wie es um meine Gesundheit tatsächlich bestellt ist.
 
Es mag paradox klingen, aber für mich ist Waldenström inzwischen weniger eine Bedrohung, sondern eher zu  einer Bereicherung meines Alltag geworden.
Vielleicht eine Frage des positiven Denkens - bestimmt!
 
Aber es ist gewiss ein langer, beschwerlicher Weg, der zu gehen ist, bis sich eine solche Erkenntnis einstellt.
 
Auch dafür fahre ich und schreibe für dich  diesen Blog.

Neunzig nervige Minuten

Sa. 23.04.2016                61.Tourtag ab Brest / Bretagne

Standort:  54.2464      45.3231  Hotel nahe Saransk

gefahrene Kilometer:  110 Km    HM: 510 m

Kilometer gesamt ab Brest:  5.245 Km     ab Berlin:  3004 Km


Willst du nach Russland, benötigst du ein Visum. So weit, so gut.
In der Regel wird das Touristenvisum für dreißig Tage ausgestellt. Diesen Zeitraum darfst du auf keinen Fall überschreiten.
Sonst kommst du in Teufels Küche.
Da ich ein Geschäftsvisum für 90 Tage habe, wird mir das Zeitlimit  diesbezüglich keine Probleme bereiten.
 
Ärger bereitet uns aber schon jetzt das leidige Problem mit der Migrationskarte, die jeder Ausländer mit der Einreise nach Russland erhält. 
Du hast nach der Einreise exakt sieben Werktage Zeit, dich zu registrieren. Dazu benötigst du den Pass und  eben diese Karte.
In der Regel übernehmen autorisierte Hotels, in denen du übernachtest, diese lästige bürokratische Hürde. Diese Registrierung erfolgte bei uns im Hotel Privet in Moskau.
Ist das geschehen, darfst du dich frei in Russland bewegen. Bis heute wurden wir nicht einmal aufgefordert, uns auszuweisen, obwohl es doch immer wieder Polizeikontrollen auf den Straßen gibt.
 
Eine weitere Registrierung ist nach unseren Informationen erst dann notwendig, wenn du mindestens sieben Tage in einer anderen Stadt weilst.
 
Und nun geraten wir beim Einchecken in einem Saransker Hotel an eine  ausgesprochen penible Dame, die uns leider eine ganz eigenwillige Auslegung der Registrierungspflicht im gut verständlichen Russisch suggerieren möchte.
 
 
Noch immer ein Lächeln auf den Lippen...auch nach einstündiger Diskussion, die uns keinen Schritt weiter brachte.

Das Zimmer hatten wir zuvor online über ein Hotel-Portal gebucht und freuten uns schon nach einer 100 Kilometer langen Tagesetappe auf ein gemütliches Zimmer und eine warme Dusche.
 
 
Als sie unsere Papiere sah, meinte sie, wir hätten uns spätestens sieben Tage nach der Abreise aus Moskau neu registrieren müssen. Das haben wir jedoch nicht. Uns würde damit eine Strafe in Höhe von 40.000 Rubel  ( ca. 600 Euro ) blühen.
Gleichzeitig rief sie Gott und die Welt an. Irgendwann kam auch Sören in den Genuss des Telefonhörers und hatte einen Mitarbeiter des Hotel-Portals am Apparat. Sören schilderte unsere Situation und unsere Auffassung der Registrierungsregeln.
 
Und diese sieht so aus:  Wenn wir ständig reisen und nur ein oder zwei Tage an einem Ort verbringen, dann reicht eine einmalige Registrierung ( und die haben wir ja ).
 
Der Mitarbeiter des Portals sprach anschließend mit der Dame, die aber unbeirrt an ihrer Überzeugung festhielt. Irgendwann schrieb sie ein Wort in den Computer und zeigte mir die Übersetzung ins Deutsche. Da stand zu lesen "Augenblicklich".  Gleichzeitig zeigte sie unmissverständlich zur Tür.
Als wir nach fast eineinhalb  nervigen Stunden müde das Weite suchen wollten, meinte die nette Dame, ich könne doch bleiben und legte mir den Zimmerschlüssel auf den Tisch. Sören jedoch müsse gehen, weil auf der Hotelrechnung des Moskauer Hotels nur mein Name aufgeführt war.  An dieser Stelle muss ich darauf hinweisen, dass wir uns beide im Hotel eine Meldebescheinigung für je drei Euro hatten ausstellen lassen.
 
Wir bedankten uns freundlich bei der netten Dame für ihr Verständnis und ihre Mühe, verließen schnurstracks das Hotel und auch die Stadt Saransk. Inzwischen dämmerte es, als wir nach etwa zehn Kilometern ein anderes Hotel rechts der Straße entdeckten.
 
Das Einchecken war dieses Mal kein Problem. Die Migrationskarte interessiert nur beiläufig und wir erhielten ein Zimmer mit zwei Betten. Preis umgerechnet 9 Euro pro Person.
Dass im Bad unter dem Spiegel das Waschbecken fehlte und die Wasserspülung der Toilette  nur sporadisch funktionierte, machte uns heute wirklich nichts mehr aus.
Spätestens in Russland bekommst du ganz schnell ein dickes Fell.
 
Nach dem Duschen ging es in die darunter liegende Wirtschaft.
Bei einem guten Beef Stroganoff und mit ein paar Bierchen spülten wir unseren Ärger runter.
 
Es lebe die Bürokratie.
 



Und zum Thema "Bürokratismus-Wahn" noch etwas zum Schmunzeln:

Zumindest können wir jetzt mit zeitlichem Abstand schon wieder darüber lachen....

Hier die Millionen-Frage von "Wer wird Millionär"

Wie viele Seiten hat ein deutscher Reisepass ?


Zugegeben - wussten wir auch nicht.... bis wir nach unserer Einreise nach Russland im ersten Hotel übernachten wollten.

Während Sören draußen bei den Fahrrädern wartete, wollte ich uns an der Rezeption anmelden. Die freundliche Dame verlangte wie es sich gehört meine Dokumente..... u.a. den Pass.
Dann öffnete sie diesen und hob den Deckel des Mini-Kopierers. Nach gefühlten 30 Sekunden war dann endlich eine Kopie erstellt. Dann schlug sie die nächste Seite auf und kopierte....und die übernächste. Ich wurde schon ganz ungeduldig, war ich doch von der langen Tagesetappe auf der M9 müde und verschwitzt.
Es konnte ja nicht mehr lange dauern, denn so viele bedruckte Seiten, die von irgendeiner Relevanz sind, hat ein Pass ja nicht.
Aber die freundliche Dame hatte wohl am Kopieren Gefallen gefunden. Der Mini-Kopierer kopierte auch ohne zu murren anstandslos alle Blankoseiten...also auch die, die gar nicht bedruckt waren.
Nach einer gefühlten Ewigkeit - der Kopierer war inzwischen heiß gelaufen - bekam ich meinen Pass mit einen freundlichen Lachen zurück.
Genervt ging ich zur Eingangstür und rief Sören zu, wir können nun endlich ins Zimmer.
Sie wissen schon, was jetzt kommt. 
Der Kopierer nahm erneut seine sinnlose Tätigkeit auf, denn auch Sörens Pass hatte 32 Seiten .....darunter viele, viele leere, unbedruckte.

Ich weiß nicht, wer mir am Ende mehr leid tat.

Die gute Dame am Empfang,  die wohl auch nur ihre Vorschriften befolgt......oder der Mini-Kopierer, der auf der Ziellinie erste besorgniserregende Geräusche mentaler Erschöpfung von sich gab.

Als wir schließlich unsere Pässe wieder in Händen hielten - draußen war es inzwischen dunkel geworden - bedankten wir uns artig für die erste Lektion in Sachen Bürokratie.




 

Auf der Ausweichroute nach Saransk

Einige Aufnahmen vom Sa. 23.04.2016

Unterwegs auf einer ruhigen Nebenstraße, die nicht einmal auf meiner Karte eingezeichnet ist.

Mitten in der Pampa wird jetzt schon Werbung für die WM 2018 in Russland gemacht.

Eine der vielen Dorfstraßen


Freilandhaltung garantiert. ( haben aber auch riesige Legebatterien gesehen )

Im Aprilwetter unterwegs

Der Wald macht sich rar. Schwarzerdeböden dominieren. Riesige Ackerflächen, gegliedert nur durch einzelne schmale Baumreihen, die verhindern sollen, dass die Winde zu viel der kostbaren Ackerkrume mit sich wegtragen.

Einer der typischen Stadtbusse



Ein aufmerksamer Mensch, der in dieser Werkstatt arbeitet, bringt uns während eines Regenschauers am Mittag jedem eine Tasse Tee.
Gestern - auch während der Mittagspause - gab es ebenfalls einen einstündigen Platzregen mit Hagel. Auch da kam aus einem Laden eine Frau und brachte uns beiden Kaffee.

 Von ganz da hinten ( und noch etwas weiter ) kommen wir her

Sörens Steckenpferd: Die Suche nach Abkürzungen
Russlands Friedhöfe liegen in der Regel viele Kilometer vom nächsten Ort entfernt und immer im Wald.


 
 
Die Kathedrale von Saransk ist am frühen Abend erreicht. Zu dem Zeitpunkt können wir noch nicht erahnen, dass uns heute noch ein Nervenkrieg bevorstehen wird.

M5 - Rennstrecke für Brummifahrer

Fr. 22.04.2016               60. Tourtag ab Brest/Bretagne

Aktuelle Position:  54.0019  44.0673 Zelten im Birkenwald

gefahrene Km:  138              HM: 360 m

Km gesamt ab Brest: 5.135 Km      ab Berlin:  2.894 Km


Von Sasovo aus erreichen wir am Mittwochnachmittag (20.04) die M5/E30.
Diese Fernverkehrsstraße zwischen den zentralasiatischen Staaten und Moskau ist eine gnadenlose Rennstrecke für Brummifahrer.
Auf einer Strecke von exakt zehn Kilometern werden wir von gut 70 Lkws überholt. In der gleichen Zeit kommen uns 90 entgegen. Die Pkws nicht mitgezählt.
Unser Seitenstreifen ist gerade mal 50 cm breit. Da braucht man Nerven, einen guten Rückspiegel und einen Schutzengel der Premium-Klasse.

Auf der anderen Seite haben wir bisher keine negative Erfahrungen mit russischen Autofahrern gemacht. Sie halten an Zebrastreifen, fahren durchaus diszipliniert und weichen uns Radfahrern - falls möglich - weit aus. Etwaige Ängste waren bislang zumindest unbegründet.
 
Wir sind in diesem Frühjahr wohl die ersten Langstreckenradler, die auf dieser Nordroute in Richtung Asien unterwegs sind. Durch unsere E-Mail-Kontakte wissen wir aber auch, dass noch einige in den Startlöchern sitzen oder auch schon unterwegs sind und diese Straße Richtung Penza und Samara fahren möchten.
All denen möchten wir ans Herz legen, wie wir, eine etwas weitere Ausweichroute über Saransk und Ulyanovsk zu wählen.
 
Abends übernachten wir rechts der M5 auf einer Wiese.
 
GPS: 54.1643    42.3989   Zelten auf Wiese
 
gefahrene Km:  59      HM: 200 m
 
 
Wir beschließen, am nächsten Tag diese Fernstraße zu verlassen. Doch daraus wird nichts.... zumindest vorerst nicht.
Denn während der Nacht setzt Regen ein, der nicht mehr aufhört.
Auch nicht am folgenden Tag ( Do. 21.04. ). Dieser starke Regen zwingt uns erstmals auf unserer Tour zu einer Zwangspause im Zelt. Doch es nervt nicht nur diese Zwangspause, sondern auch der nicht aufhörende Lärm vorbeifahrender Fahrzeuge.
Erst am Freitagmorgen dürfen wir diese inzwischen sumpfige Wiese bei einer Lufttemperatur von nur einem Grad wieder verlassen und auf die M5 zurückkehren.
 
 In Russland gibt es viele arme Rentner, die tagsüber am Straßenrand verschiedene Waren zum Verkauf feilbieten.
 
 
Meisten sind es Produkte aus eigener Erzeugung. Kartoffeln, eingemachte Gurken oder ähnliches.
Im Supermarkt kostet das Kilo Kartoffeln oder 10 Eier nicht mehr als 50 Cent.  Viele Lebensmittel sind für uns Touristen extrem billig. Nicht so Milch (etwa gleicher Preis ).
Während das Angebot an Lebensmitteln in Moskau mit dem in unseren Supermärkten vergleichbar ist, muss man im ländlichen Bereich doch ganz erhebliche Einschränkungen hinnehmen.
 
 
 
In einem Ort entlang der M5 sehen wir am Vormittag, dass die Straße vor uns völlig verqualmt ist. Hat doch jeder Anwohner einen Holzkohlegrill am Straßenrand stehen und alle werfen zeitgleich ihren Grill an. Gegen Mittag werden dann vor allem Fleischspieße den Vorbeifahrenden angeboten.
 
 
Wir sind leider zu früh, wollen wir doch nach 55 Kilometern die M5 so schnell wie möglich verlassen. Deshalb biegen wir auf die
P 180 Nord ab.
Und liebe Radler aufgepasst !  Ca. 2 Km vor dem Ort Torbeevo geht rechts eine für russische Verhältnisse ganz passable Straße ab, die nach Saransk und weiter nach Ulyanovsk führt.
Auf dieser Straße gibt es über weite Strecken keinen nennenswerten Autoverkehr. Allerdings ist die Straße weder auf meiner Papierkarte "Russland West" Maßstab 1:2 Mio. noch auf meiner Garmin Software für Russland verzeichnet. Da benötigt ihr schon Open-Street-Maps".


Wie gesagt..... vor dem Ort Torbeevo rechts ab. Wir jedoch sind zunächst mal auf dieser zwei Kilometer langen Zufahrtsstraße in den Ort hineingefahren. Dort gibt es einen kleinen Laden, in dem man das Notwendigste erhält.


 
... übrigens:  In Torbeevo muss man nicht gewesen sein. Man verpasst nichts.
 

 
 
 
 
 

Dienstag, 19. April 2016

Spürbare Veränderungen

Di. 19.04.2016                 57. Tourtag ab Brest/Bretagne

Aktueller Standort:  GPS: 54.3542     41.9050

Sasovo / Hotel

gefahrene Kilometer:   97 Km          HM:  220 m

gesamt ab Brest:   4.938 Km       ab Berlin:   2697 Km


Nach dem Dauerregen am vergangenen Samstag stehen wir am Sonntag bei strahlendem Sonnenschein auf - so als sei gestern nichts gewesen.


Da muss aber die Sonne noch einige Überstunden machen


Die Tage werden nun spürbar milder, so dass wir nachmittags lediglich mit Pulli radeln können.

Mittagpause bei 17 Grad im Schatten.


Bei dem herrlichen Wetter fahren wir am heutigen Sonntag ( 17.4)
nur bis zum frühen Nachmittag.


So. 17.04.
Aktuelle Position:  55.2495  39.9962 / Zelten am Waldrand

gefahrene Km:    75 Km      HM:  100 m

Dann finden wir einen schönen See mit einer guten Übernachtungsmöglichkeit am Ufer des Sees.

Hier koche ich mit meinem Hobo zum ersten Mal selbst. Als Brennstoff dienen kleine Ästchen, die hier überall herumliegen. Dieser Kocher nutzt die Kaminwirkung. 

Was es gibt ?    Da wir das Zelt im lichten Kiefernwald  aufstellen, entscheide ich mich für eine Waldpilzsuppe und gebe zusätzlich Nudeln dazu.


Dann genießen wir den schönen Sonnenuntergang vom Steg aus

 

Mo. 18.04.  Aktuelle Position:   54.9815    41.2902 / Zelten im Birkenwald

gefahrene Km:   101 Km        HM:   180

Auch am Montag steigen die Temperaturen auf frühlingshafte Werte.  Nachdem wir seit dem 31. März ständig nördlich des 55. Breitengrades unterwegs gewesen waren, geht es ab heute südwärts. Langsam, aber es geht.
Wir können jetzt den Frühling riechen, wenn wir durch die Kiefernwälder radeln.
Die Palmkätzchen blühen, an den Straßenrändern wird das Gras grün und selbst an den Birken ist ein grüner Schimmer erkennbar.

Am Montag (18.04.) übernachten wir in einem Birkenwald rechts der Straße. Am Dienstagmorgen liegen die Temperaturen erstmals seit Tourbeginn bei angenehmen 10 Grad plus.  Das sind immerhin 16 Grad mehr als in Ostpolen oder in Lettland.

So wie das Wetter nun besser wird, so werden leider die Straßen schlechter. Am heutigen Dienstag kostet die Slalomfahrt nach Sasovo viel Kraft und Konzentration.

97 Kilometer mit tiefen Querrissen und granatenmäßigen Schlaglöchern.   Das Rad muss einiges ertragen.


Wir radeln durch weite landwirtschaftlich genutzte Flächen.
Fruchtbare Schwarzerdeböden links und rechts der Straße. Nur einzelne Baumreihen am Horizont. Diese sollen verhindern, dass der fruchtbare Boden von den Winden weggetragen werden.